Wir Reisen und leben - unsere reisen 2012

 
 

An diesem Tag lud der Verein für Lebensqualität in Zusammenarbeit mit dem Historischen Verein zu einem Rundgang durch Bichelsee. Hampi Huber führte den Rundgang und erzählte von verschiedenen Häusern die Geschichte. Hampi hat mir freundlicherweise den Text seiner interessanten Ausführungen zur Verfügung gestellt - ganz herzlichen Dank!

Also - los geht‘s auf den kleinen Rundgang:

Rundgang durch Bichelsee

5. Mai 2012

Käserei


Ursprünglich um 1530 als protestantisches Pfarrhaus für Pfarrer Rochus Iberger gebaut. 1681 wurde es brandgeschädigt, im 18. Jahrhundert als Pfarrhaus erneuert, um 1896 um einen Scheunenanbau erweitert. Zu Beginn des 20. Jh. waren am Dachgesims noch religiöse Zeichen aufgemalt. (F. Eisenring) Weitere Um- und Anbauten erfolgten im 20. Jh. 1870 wurden die unteren Räume für die Käserei umgebaut und die Liegenschaft ging an die Käserei-Aktiengesellschaft über, die ab 1886 von F. Eisenring präsidiert wurde. Vor dem heutigen Besitze betrieb die Familie Auer die Käserei.

Frohsinn


Der Frohsinn war schon seit dem 18. Jh. bis gegen Ende des 20. Jh. ein Restaurant. Zuerst war eine Familie Metzler im Besitz des Gebäudes, dann übernahm Joseph Zuber, der eine Stickerei für 8 Maschinen anbauen liess. Später wurde er Ortsvorsteher. Er war eine versöhnliche Natur, politisch eher dem Freisinn zugetan, aber trotzdem ein Vertrauter von Pfarrer Traber.

Pfarrhaus


Das Pfarrhaus wurde 1769/70 durch das Kloster Fischingen erbaut. Es ist nach wie vor eines der schönsten Gebäude in unserer Gemeinde. Bis 1952 hatte es einen Schindelschirm.

Anekdote zur Zeit des ersten Weltkrieges: Pfarrer Traber baute hinter dem Pfarrhaus einen Ziegenstall und begann zwei Ziegen zu halten, betreuen und versorgen musste sie allerdings seine Schwester Veronika, die gleichzeitig seine Haushälterin war.  Pfarrer Traber beherbergte meist ausländische, geistliche Herren, die vor den Wirren des Ersten Weltkrieges geflüchtet waren. So konnte er sie mit Frischmilch versorgen und war nicht auf den Goodwill der Bichelseer Bauern angewiesen.

Restaurant Post


Der Grossvater von Ferdinand Eisenring kaufte 1836 das Mesmergut (Es war das ursprüngliche Mesmerhaus) von der paritätischen Kirchgemeinde und liess ein neues Wohnhaus bauen. Ab Januar 1848 wurde der Betrieb einer Pintenwirtschaft aufgenommen. Die Strassenbeleuchtung wurde eine zeitlang von der Post aus bedient. Im Estrich züchtete Ferdinand Eisenring Brieftauben. Diese verkaufte er um sein Taschengeld aufzubessern. Sie sind jeweils nach kurzer Zeit in ihre gewohnte Heimat zurückgekommen.  Zwischenzeitlich hiess das Restaurant auch Krone. Mit der Übernahme der Poststelle wurde das Restaurant wieder zur Post. Nachdem das Postbureau dann verlegt wurde, ging man wieder zur Bezeichnung Krone zurück um es bis zum Grossbrand wieder Post zu nennen.

Kirche


Die erste Kirche aus Stein wurde wahrscheinlich nach 1275 erbaut, dies mit Steinen von der Burg Neu-Bichelsee, die damals zerstört worden war. Der älteste Teil des heutigen Kirchenturms wurde zum Teil mit den Tuffsteinen aus der 1406 zerstörten Burg Alt-Bichelsee aufgebaut.

1864/65 wurde die alte Kirche (Sie stand näher an der Hauptstrasse und vor dem Turm) durch das jetzige Gotteshaus ersetzt, welches 1964/65 renoviert und erweitert wurde.

Nach dem Bau der Kirche im 19. Jh. wurden 1878 die drei alten Glocken durch ein neues Geläut ersetzt. Die zwei grösseren Glocken wurden eingeschmolzen. Die kleinste der drei Kirchenglocken wurde nach Tuttwil verkauft (Fr. 1.30 pro Pfund Gewicht). Dort läutet sie heute noch zur Schule ein, denn sie befindet sich im Türmchen des Schulhauses Tuttwil.

Haus Bösch


Früher stand da die alte Zehnten Scheune. Dieses Haus könnte für eine Traber-Gedenkstätte eventuell eine wichtige Rolle spielen. Kirche, Traberschulhaus, Traberplatz und das Pfarrhaus gäben einen passenden Rahmen. Aber da möchte ich den Bankverantwortlichen der Raiffeisen nicht vorgreifen.

Traberschulhaus


Im Oktober 1864 wurde das neu erbaute Schulhaus eingeweiht. Schon 30 Jahre später musste es erweitert werden. Pfarrer Traber als Schulpräsident übernahm nicht nur das Baupräsidium, sondern auch die Bauleitung und die Architekturaufgaben.(Dies wurde schon damals von der thurgauischen Regierung mit Skepsis und Kritik beargwöhnt.)  Das gut im Stand gehaltene Schulhaus präsentiert sich heute noch in der von Traber entworfenen Form. Übrigens den Namen trägt es seit 1999, dem Jubiläusjahr 100-Jahre Raiffeisenbank Bichelsee.

Landhaus


Ursprünglich war dem Restaurant eine Scheune mit Stall zugehörig. Auch eine Mosterei wurde betrieben. Später wurde die Scheune zum Saal umgebaut. Das Landhaus gehörte vormals der Familie Bannwart, die das Gebäude um ein Stickereilokal für zwei Maschinen erweitern liess. Seit geraumer Zeit gehört die Liegenschaft der politischen Gemeinde. (Welche Gemeinde besitzt schon eine eigene Beiz?)

Haus Eisenring-Kolb


Es ist eines der markantesten Gebäude im Unterdorf: ein Doppelwohnhaus mit doppelter Stallscheune, wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 19. Jh. erbaut. Es wird von der Familie Eisenring sorgfältig gepflegt und ist ein Schmuckstück des Dorfbildes.

Alt-Beckenhaus


Es stammt aus der zweiten Hälfte des 18. Jh. Auch Ferdinand Eisenring weiss nicht genau, woher der Name Becken stammt; er hat ihn in der Zeitung gelesen. Er hatte noch den Mesmer Lautenschlager gekannt, der in diesem Haus geboren war und den man s’Beckenschuhmacher“ nannte.

Sternen


Das war ursprünglich eine Wirtschaft mit  Bäckerei und dazu gehörender Landwirtschaft. Um 1812 war Alois Bühler Besitzer des Objekts; er war Pfleger und Gemeindeammann. Ferdinand Eisenring kann sich noch gut erinnern: Als die Gastwirtschaft noch bestand, nannte man die Brücke über die Lützelmurg „Sternenbrücke“. Der Sohn, welcher das Gut übernommen hatte,  wurde dann kurzerhand „s’Altenammanns Thomas“ genannt. (Wahrscheinlich hatte es viele Bühler, da musste man sich solcher Namens-zusätze bedienen.

Auch hier bestand ein Anbau für eine Mosterei.

Möbelhandlung


Josef Zuber, der spätere Gemeindeammann baute 1878 einen Betrieb mit 8 Handmaschinen auf im südlichen Teil des Gebäudes, das heute als alte Weberei bekannt ist. 1910 erfolgte dann ein modernerer Anbau auf der Nordseite. Bevor es in den 1970iger Jahren zur Möbelhandlung wurde, nutzte es die Firma Traxler als Lagererhalle. Als Beispiel für die Stickerei-industrie, welche Ende des 19. Jh. und zu Beginn des 20. Jh. besonders blühte. Die Handstickerei mit den Pantographen blühte zu jener Zeit

besonders. Viele Familien bauten Stickereilokale an die bestehenden Häuser an (charakteristisch hohe Fenster), um in diesem lukrativen Nebenverdienst mitmischen zu können. Es gibt sogar eine Geschichte, die diesen Wohlstand dokumentiert: Das Stickgut konnte in St. Gallen zu guten Preisen verkauft werden. Wenn dann die Sticker heimkehrten, kehrten sie noch ein in eines der verschiedenen Lokale und feierten. Einzelne sollen sich sogar ihr Zigarre mit Zwanzigernoten angezündet haben.

Mit der Stickereiindustrie ging es dann abwärts, unterbrochen von einem kurzen Aufflammen während dem Ersten Weltkrieg, als man Verbandsstoff, ergänzt mit einem einfachen Stickereistich nach Deutschland exportieren konnte. (Nun galt der Verbandsstoff als Stickerei und fiel nicht mehr unter das Exportverbot. Danach war der Niedergang nicht mehr aufzuhalten. Der Staat bezahlte sogar viel Geld (ein paar tausend Franken), wenn die Sticker ihre Stickmaschinen plombieren liessen und dies auch grundbuchamtlich besiegelt wurde.

Spritzenhaus


Im Spritzenhaus endet unser Rundgang. Es wurde 1870 erbaut und diente der Feuerwehr als Stützpunkt. Von hier aus rückte man auch aus, um beim Brand von Balterswil 1884 zu löschen.


Heute findet jeweils zum Vollmond ein Barbetrieb statt - durchgeführt vom Historischen Verein Bichelsee-Balterswil. Besuchen Sie doch einmal die Vollmondbar - auch drinnen hat es noch einiges zu entdecken!